Kurzdefinition:
Von Rassismus ist immer dann die Rede, wenn Menschen aufgrund ihres Äußeren, ihres Namens, ihrer Kultur, ihrer Herkunft oder ihrer Religion diskriminiert werden. Rassismus kann sich in Gedanken, Worten, Handlungen und schlimmstenfalls in Gewalt äußern. Die ideologische Kategorisierung in „Wir“ und „die Anderen“ ist die Grundlage für die Herstellung und die Aufrechterhaltung einer Ungleichwertigkeit.
Zitat:
„Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Vorteil des Anklägers und zum Nachteil seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen.“
(Memmi 1987: 103)
Erläuterung:
Der im Jahr 1990 von Anthony Baffoe, Anthony Yeboah und Souleyman Sané formulierte offene Brief an alle Fußballfans war eine Reaktion auf die anhaltenden rassistischen Anfeindungen in deutschen Fußballstadien. „Vor allem Sschwarze Spieler*innen und People of Color (PoC) sahen sich kontinuierlich konfrontiert mit Beleidigungen, Schmähgesängen, von den Zuschauerrängen geworfenen Bananen und Affenlauten.“ Dass das N-Wort, haut- und herkunftsbezogene Diskriminierungspraktiken sowie verbale und körperliche Attacken im Fußballkontext nahezu ständig präsent sind, hat zuletzt ein rassistischer Vorfall beim Länderspiel Deutschland gegen England im Juni 2022 in München gezeigt. Rassismus ist in erster Linie ein Ergebnis von holzschnittartigen Stereotypen und Klischeebildern. „Solche brauchst Du mir nicht mit nach Hause bringen“: Diesen Ratschlag gab der bereits freigestellte Zeugwart von Bayern München seiner Tochter in Anwesenheit von Serge Gnarby und Eric Maxim Choupo-Moting. Hierbei wird deutlich, dass sich rassistisches Wissen und die Ideologie der Ungleichwertigkeit tief eingebrannt hat im kulturellen Gedächtnis einer Gesellschaft. Sowohl rassistisches Denken und Handeln als auch der damit einhergehende Herrschaftsanspruch werden durch Erziehung, Bildung und Sozialisation von Generation zu Generation weitergegeben. Dass dieser Prozess der Tradierung und Verfestigung von rassistischen Denk- und Handlungsstrukturen insbesondere im Fußball zu erkennen ist, steht außer Frage. Die Dokumentation Schwarze Adler, in der dunkelhäutige Profifußballspieler*innen über ihre systematischen Ausgrenzungserfahrungen berichten, konnte dies eindrücklich aufzeigen. Der Fußball und die Fanszene können gleichzeitig aber auch als Aushandlungsraum verstanden werden, in dem antirassistische Bildungsarbeit und Aufklärung vorangetrieben wird. So liest man beispielsweise auf dem Yeboah-Haus in Frankfurt-Niederrad: „Wir schämen uns für alle, die gegen uns schreien.“
Literatur:
Arndt, Susan: Rassismus. Die 101 wichtigsten Fragen. 3. Auflage. München 2017.
Beiersdorfer, Dietmar: Fußball und Rassismus. Hamburg 1994.
Blaschke, Ronny: Im Schatten des Spiels. Rassismus und Randale im Fußball. Göttingen 2007.
Dembowski, Gerd & Scheidle, Jürgen (Hg.): Tatort Stadion. Rassismus, Antisemitismus und Sexismus im Fußball. Köln 2002.
El-Mafaalani, Aladin: Wozu Rassismus? Von der Erfindung der Menschenrassen bis zum rassismuskritischen Widerstand. Köln 2021.
Fereidooni, Karim & El, Meral (Hg.): Rassismuskritik und Widerstandsformen. Wiesbaden 2017.
Foroutan, Naika et al. (Hg.): Das Phantom Rasse. Zur Geschichte und Wirkmacht von Rassismus. Göttingen 2018.
Geulen, Christian: Geschichte des Rassismus. München 2007.
Memmi, Albert: Rassismus. Frankfurt am Main 1987.
Milles, Robert: Rassismus. Einführung in die Geschichte und Theorie eines Begriffs. Hamburg 1991.
Obulor, Evein & RosaMag (Hg.): Schwarz wird großgeschrieben. München 2021